© www.hgeiss.de Vom Leben der Echraner Über Partnerschaft und Sexualität Der menschliche Körper ist die
Voraussetzung, quasi das Instrument
unserer Existenz. Ein gutes Leben leben bedeutet, alle Töne dieses
Instrumentes zu spielen. Einige davon zu tabuisieren, erscheint uns wenig vernünftig.
Erst recht, wenn es sich um jene Klänge handelt, die uns die größte
Lebensfreude schenken können. Die menschliche Art kann als einzige frei
über Sexualität verfügen, bei ihr hat sich die körperliche Vereinigung vom
Akt zur Arterhaltung zum jederzeit erfahrbaren lustvollen Tun gewandelt. So
wurde sie zu einer Quelle von Glück, die selbst trostlose Zeiten versüßen
kann. Sexualität als niedrig oder tierisch zu bezeichnen, wie es bei euch
manche Religionen tun, ist absurd, denn Tiere vereinigen sich nur zur
Arterhaltung und die Geschlechter sind außerhalb der Paarungszeiten nicht
aneinander interessiert, wobei manche Primaten hier eine Ausnahme machen. Doch
Erotik und Liebe gibt es vermutlich nur bei uns Menschen. Die Natur hat uns dieses Geschenk sicher
nicht ohne Grund gemacht, vermutlich steht es in Beziehung zu der langen
Entwicklungszeit der Menschenkinder. Zärtlichkeit und Wollust bindet die Menschen
aneinander. Sich hier nur auf nützliche Erwägungen des Menschenverstandes
oder gar auf menschengemachte Moral zu verlassen, war der Natur wohl eine zu
unsichere Basis. Gemeinschaft ist für die Kinderaufzucht, damit für die
Erhaltung der Art, von entscheidender Bedeutung. Kinder brauchen zu ihrer
Entwicklung verlässliche Bezugspersonen und hier ist körperliche Zuneigung
und Begehren ein bewährter Kitt. Manche Echraner behaupten, die
menschentypische Erotik ende eigentlich beim Koitus, da diesen auch die Tiere
vollziehen. In jedem Fall gilt uns die körperliche Vereinigung nur als eine
Möglichkeit sexuellen Beisammenseins, wir schätzen alle Formen von Zärtlichkeit. Auch wenn es in Echra keine Ehe gibt, leben
die meisten Erwachsenen doch in festen Zweierbeziehungen, weil diese sich
– trotz aller immer wieder auftretender Probleme – am besten
bewährt haben. Aber es gibt auch gelegentlich Wohngruppen, in denen die
Partnerbeziehungen zumindest nach außen nicht klar ersichtlich sind und wo
die Kinder zu allen Männern Vater und zu allen Frauen Mutter sagen. Doch sind
solche Familienstrukturen eher selten, denn die dauerhafte Zweierbeziehung
scheint dem menschlichen Bindungsbedürfnis doch am meisten zu entsprechen.
Abgesehen von medizinischen und eigentumsrechtlichen Problemen, die sich in
festen Partnerbeziehungen offensichtlich am besten lösen lassen, sind es
auch solche der Arbeitsorganisation und der Kinderaufzucht. Wechselnde
Partnerschaften erzeugen, wie sich immer wieder zeigte, einen psychischen
Dauerstress, dem die meisten Menschen nicht gewachsen sind und der sich auch
auf die Versorgungssicherheit der Gemeinschaft negativ auswirkt. |